Pressemitteilung - Wohnungsnot in der Ukraine – Experten diskutieren Perspektiven für den Wiederaufbau
- ukrainehilfsfahrt
- 16. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Im April 2025 lud der Verein „Brücke nach Horishni Plavni“ zu einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung in den Ukrainetreff Friedrichshafen ein. Im Mittelpunkt stand die akute Wohnungsnot in der Ukraine und die Frage: Was ist jetzt zu tun?
Mit Beiträgen von Jürgen Schipek (Geschäftsführer der Kreisbaugesellschaft Heidenheim GmbH), Knut Höller (Initiative Wohnungswirtschaft Osteuropa, IWO e.V.) und Architekt Manuel Plösser (Plösser Architekten GmbH, Friedrichshafen) wurde die aktuelle Lage analysiert und Perspektiven aufgezeigt.
Die Herausforderungen sind gewaltig:
Seit Beginn des großflächigen russischen Angriffs 2022 – der eine Eskalation des Krieges von 2014 darstellt – fehlen in der Ukraine mindestens eine Millionen Wohnungen. Über 4,7 Millionen Menschen sind innerhalb der Ukraine auf der Flucht, weitere 7 Millionen leben im Ausland. Rund die Hälfte der Binnengeflüchtete müssen mehr als 70% ihres Einkommens für die monatliche Miete aufbringen. Die anderen rund 50% kann sich Wohnen nicht mehr leisten. Viele der vorhandenen alten Mietwohnungen aus der post-sowjet Zeit haben eine sehr schlechte Bausubstanz. Sozialer Wohnraum ist kaum vorhanden – landesweit existieren lediglich rund 1.000 Sozialwohnungen.
Die Lösung? Kommunaler Wohnungsbau.
„Fleiß braucht keine Sprache“, sagte Jürgen Schipek – der Wiederaufbau dürfe sich nicht auf Geldtransfers beschränken. Es brauche tragfähige Strukturen, um lokale Wertschöpfung durch den Wohnungsbau zu ermöglichen. Ohne Wohnungsbau ist keine Rückkehr der vielen Flüchtlinge möglich. Rund ein Drittel der Ukrainer im Land sind zwischenzeitlich verarmt, die Einführung eines öffentlich geförderten Mietwohnungsbaus ist daher alternativlos. Städte wie Horishni Plavni, aber auch die Hotspots Charkiw und Poltawa zeigen, dass auch im Krieg gebaut wird.
Die Gründung von kommunalen Wohnungsbaugesellschaften wie im Nachkriegsdeutschland vielfach geschehen, ist der nächste logische Schritt, ein aber in der Ukraine bislang unbekanntes Konzept. In bis zu 15 Städten könnten nun diese ersten Wohnungsunternehmen gegründet werden. Hierfür gibt die EU eine Förderung von 50% als Zuschuss und weitere 50% als zinsgünstige Kredite. Ziel ist es, leistbaren und dauerhaften Wohnraum für Binnengeflüchtete zu schaffen – vor allem auch für Menschen mit Behinderungen oder traumatischen Kriegserfahrungen. In Horishni Plavni, der drittgrößten Stadt des Oblast Poltawa, leben rund 50.000 Einwohner und mittlerweile weitere 8.500 Binnenflüchtlinge. Besonders dort könnte eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft viel bewirken.
Modular, bezahlbar, menschenwürdig.
Architekt Manuel Plösser betonte das Menschenrecht auf Wohnen gemäß UN-Sozialpakt. Er stellte ein innovatives Konzept für modularen Wohnbau in Holzbauweise vor – schnell realisierbar, kostengünstig und nachhaltig. Die Bauteile könnten industriell vorgefertigt – und der größte Anteil in der Ukraine- und vor Ort zusammengesetzt werden.
Wissenstransfer und Partnerschaften.
Knut Höller berichtete online aus der Ukraine über die Arbeit des IWO e.V. Der Berliner Verein – der vom Gesamtverband der Wohnungswirtschaft GdW mitgetragen wird - unterstützt ukrainische Städte bei Gesetzesreformen, Gründung von Wohnungsbaugesellschaften und Schulungen lokaler Akteure. Ziel ist es, langfristige Strukturen zu etablieren und deutsche Erfahrungen im sozialen Wohnungsbau zu teilen. Über 250 Städtepartnerschaften zwischen Deutschland und der Ukraine bieten hier großes Potenzial.
Fazit:
Ohne bezahlbaren Wohnraum wird eine Rückkehr vieler Geflüchteter kaum möglich sein – und der Wiederaufbau des Landes gefährdet. Der Verein „Brücke nach Horishni Plavni“ setzt sich gemeinsam mit Expert:innen aus Deutschland und der Ukraine dafür ein, tragfähige Lösungen zu entwickeln. Denn, wer Heimat bauen will, braucht mehr als Hoffnung – er braucht Wände, Türen und ein Dach darüber, da sind dich die Experten einig.
Infobox „Brücke nach Horishni Plavni e.V.“

Nachdem die Stadt Friedrichshafen eine Solidarpartnerschaft zur ukrainischen Stadt Horishni Plavni beschlossen hat, gründete sich ein begleitender Verein für diese wachsende Freundschaft. Was mit privat organisierten Hilfsfahrten von Werner Nuber, samt Freunden und Familie begann, mündet nun in regelmäßige Hilfsfahrten in die Ukraine mit benötigten Gütern, vor allem für die medizinische Versorgung. Dafür ist der Verein stets auf Spenden angewiesen. Weitere Informationen unter: https://www.ukraine-hilfsfahrt.de/
Spendenkonto:
Empfänger: Brücke nach Horishni Plavni e.V. IBAN: DE17 6905 0001 0026 8706 67 Stichwort: Ukraine-Hilfe

